Als Grenzgänger auf den Spuren der Römer

Als Grenzgänger auf den Spuren der Römer

Meine Wanderung im Zeichen des Limesturms

entlang des Obergermanisch-Raetischen Limes

19. Tag Jagsthausen

Jagsthausen  -  Kloster Schöntal  -  Jagsthausen  -  13 km 


Zu römischer Zeit existierte im Gemarkungsgebiet des heutigen Jagsthausen ab 160 n. Chr. - nur 400 m vom Limes entfernt und in einer Schleife der Jagst liegend - einmal eines der größten steinernen Römerkastelle am Obergermanischen Limes mit den Seitenlängen 195 m x 155 m. Aus der damaligen Truppenstärke rückschließend hatte dieser Ort zur Römerzeit mehr "Bewohner" als heute. Für die röm. interessierten Archäologen bedeutet dies, dass zum Glück nicht alle ehemaligen Siedlungsstätten (insbesondere Vicus) überbaut und damit zerstört wurden, obwohl die gesamte südöstliche Hälfte des Kastells heute unter dem alten Ortskern liegt. Die andere Hälfte liegt unter dem Schloss sowie dem dazu gehörigen Park. Oberirdisch sind jedoch keine Reste des Kastells mehr sichtbar.

In Jagsthausen konnten auch ein größeres und ein kleineres Badehaus ausgegraben werden; einige Originalfunde aus diesem Standort werden u.a. im Museum in der Götzenburg ausgestellt.


































Bei meinem Rundgang durch den Ortskern entdeckte ich neben vielen neuzeitlichen "Örtlichkeiten"auch:

die alte sehenswerte Kirche













das so genannte "Rote Schloss".
Etwa um 1590 vom Enkel des Ritters "Götz von Berlichingen" erbaut, erhielt es seinen Namen wohl aufgrund seiner roten Farbe der Fassade. Es steht heute in mitten des ehemaligen Kastells.

das "Weiße Schloss"
ein 1792 aus der Linie "derer zu Berlichingen" errichtetes Gebäude, das im 19. /20. Jahrhundert im Stil des späten Barock mit Mittelkuppel umgebaut wurde.



Das alte Rathaus mit einer modernen Brunnenfigur des Götz von Berlichingen











und die Götzenburg.
Sie wurde von der Familie von Berlichingen im 15. / 16. Jahrhundert erbaut.
In ihr soll 1480 der "Ritter mit der eisernen Hand", Götz von Berlichingengeboren sein.
1504 verlor er im Landshuter Erbfolgekrieg seine rechte Hand. Sie wurde durch eine eiserne Prothese, die sogenannte "eiserne Hand", ersetzt.
Diese und viele weitere Utensilien von diesem bekannten Ritter und aus der Ritterzeit sind im Burgmuseum zu sehen, doch für mich leider nicht, da ich definitiv weiter wollte.

Öffnungszeiten:
Das Museum hat von April bis Oktober geöffnet.
Freitag - Sonntag
13.30 - 16.00 Uhr
Ach ja, und nicht zuletzt wurden durch Goethe die markant einprägsamen Worte des Ritters "leck mich...." bekannt.

Wappen im Deckengewölbe der Einfahrt
Die "Götzenburg" heute: sie wird immer noch im Familienbesitz teilweise als Schlosshotel geführt und ist den Sommer über Austragungsort zahlreicher Veranstaltungen und Burgfestspiele.








Bewohnt wird "die Götzenburg" auch von Alexandra Freifrau von Berlichingen und ihrem Ehemann, dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog.

Ach ja, und Autos (BMW X6, Audi RS 6, Mercedes ...) standen da auf dem Parkplatz, aber diese Modelle muss man als Wanderer ja nicht kennen, oder?



Das Gelände in jetzigen Nachbarort Schöntal hatten die Herren von Berlichingen ehemals dem Zisterzienserorden zur Verfügung gestellt; im Gegenzug das Recht erhalten, den Kreuzgang des Klosters als Grablege verwenden zu dürfen.

Ritter Götz wurde im Ostflügel des Kreuzgangs des Klosters Schöntal beigesetzt. Die Grabstätte kann auch heute noch besichtigt werden. So lag es nahe, noch einen kleinen "Nachmittagsspaziergang" nach Schöntal zu unternehmen.

Ich wählte den örtlich ausgeschilderten Rundwanderweg Nr.3.
Mein erstes Ziel war jedoch der örtliche Friedhof, u.a.  mit der Grablege deren von Berlichingen.

Wir waren im Leben in Liebe vereint
und wollen es auch im Tode sein.























An der Jagst ging ich anschließend ein Stück entlang. Keine Fremdgeräusche störten, kein Flugzeug, kein Traktor in der Ferne, nichts. So steuerte ich die nächste Ruhebank an und sah mich plötzlich auf dem Logenplatz inmitten eines Naturkonzerts. Ich lauschte nicht nur dem leisen monotonem Gurgeln des Wassers, sondern ich vernahm ein quadrophonisches Konzert mit einem unsichtbaren Dirigenten.
Eine Taube intonierte, und während viele Vögel ihren eigenen Gesang zum Besten gaben und dabei sich stimmlich und auch von ihrer Lautstärke überboten wollten, flog ein Käfer mit einem lauten "sssssssummms"  "quer durch die Bühne" und danach kam nicht nur das Stakkato eines Spechts hinzu, sondern gleichzeitig brummten seitlich neben mir im dumpfen Basston noch zwei große Hummeln. In etwas ruhigeren Tonphasen ließ dann auch noch des Kukkuck seinen Ruf ertönen.
Jäh unterbrochen und damit beendet wurde diese Symphonie allerdings mit dem laut krächzenden Warnruf eines Eichelhähers; er kündete von einem Mountainbiker, der leider des (Wald-)Wegs kam.








Danach passierte ich das laut ratternde Natursteinwerk, ehe ich wieder einmal der ehemaligen, seit langem schon stillgelegten  Schmalspur-Trasse der Jagsttal-Eisenbahn folgte.













Nach etwa 4 km erreichte ich den Ort Berlichingen und sah mir die übrig gebliebenen Reste der ehemalige Wasserburg mit seinem im 13. Jahrhundert erbauten dreigeschossigen Steinhaus (nur von außen, da heute im Privatbesitz) an.















Für mich interessant:  um 800 n. Chr. soll das Kloster Lorsch Besitzungen in Вerlichingen erhalten haben, letzteres wird sogar im Lorscher Codex erwähnt.


Seitenaltäre aus Alabaster
Nach weiteren 2 km erreichte ich das Kloster Schöntal, das heute u..a. eines der Bildungshäuser der Diözese Rottenburg-Stuttgart beherbergt.

Hier sah ich mir nicht nur die reich verzierte, barocke Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters Schöntal an, sondern den im Eingangsbereich zum Kreuzgang befindlichen Treppenaufgang im Rokkokostil.




Die Grablegungsstätte derer zu Berlichingen
im ehemaligen Kreuzgang.























Götz wird auf dem Grabstein  mit zwei Händen dargestellt, knieend auf dem Fehdehandschuh.
Er glaubte, dass man nach seinem Tode wieder so sein wird "wie früher".












Ich wählte einen anderen Wanderweg zurück,
und wanderte so, wenn auch nur kurz, wieder einmal auf dem Jakobsweg.




Später querte ich den Honigbach und ging dabei auf einem schmalen, steilen Fußpfad den "Tiergarten"-Hang hinauf, um danach wieder durchs offene Felde zu gehen.

Dort traf ich einen Bauern neben seinem Traktor an. Grußlos fragte er mich sichtlich traurig: "Ham´ses g´hört?" Ich verneinte und fragte:"Was, was soll ich gehört haben?" "Ai des Schluchze!" Verduzt musste ich ihn angeschaut haben, denn er erklärte: "Ai de Mais, de heult!"
Er erklärte, dass ihm auch so zumute sei. Wochenlang hat es nun schon nicht mehr richtig geregnet, und das gestern, das kam wieder einmal auf der anderen Seite des Berges runter, im Bebiet der Kocher. Das, was gestern hier als Niederschlag gefallen sei, wäre doch schon in der Luft wieder verdunstet.

Auf meinem weiteren Weg der Rundtour kam ich an dem erstmals 1623 erwähnten jüdischen Friedhof vorbei.  Er liegt in der Flur "Judenbegräbnis", oberhalb des Bachlaufs "Pfaffenklinge". Seit 1985 steht an seinem Eingang ein Gedenkstein.
Für mich interessant: obwohl umzäunt, war die Friedhofstür nicht verschlossen.




Man muss schon ein sehr geschichtsbegeisteter Wanderer sein, wenn man an einem geplanten Ruhetag soviel erwandern darf!

Zurück in Jagsthausen wollte ich mich stärken und kam an einem Lokal vorbei, dass unter andem folgendes Gericht anbot:
Maultaschen "Götz von Berlichingen"
mit einem kräftigen Gulasch.
So wie der Götz sie liebte
- und kleinem Salat -



Mein Wanderweg von Jagsthausen zum Kloster Schöntal und zurück  




























Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen