Als Grenzgänger auf den Spuren der Römer

Als Grenzgänger auf den Spuren der Römer

Meine Wanderung im Zeichen des Limesturms

entlang des Obergermanisch-Raetischen Limes

05. Tag Titting

Von Titting nach Weißenburg  -  24 Tageskilometer  -  90 Gesamt

Die Entscheidung, den gestrigen Regentag lieber in aller Ruhe abzuwarten, war genau richtig gewesen. Obwohl, wie später noch in Bildern zu sehen, manche Wege dennoch schwer zu laufen waren, war es heute bis in die frühen Nachmittagsstunden ein angenehmes Wanderwetter.

Ich verließ Titting, allerdings nicht, ohne mich für die heute bevorstehende lange Strecke bei Metzger und Bäcker ausreichend eingedeckt zu haben.
Die Bäckersfrau fragte mich, ob ich gerade eben irgendwo eine Gans gesehen hätte; sie würde der Enkelin gehören und sei gestern Abend auf und davon. Ich konnte ihr bestätigen, dass ich vorne an der Kreuzung eine gesehen hatte (in so einem kleinen ländlich geprägten Ort wundert man sich da nicht). "Um Gottes Willen, die wird doch net zum Metzger rennen wollen!" rief sie und flugs war sie in der Tür zum Hinterzimmer verschwunden.


Ob Gans oder das "beste Tafelgeschirr" auf den Gassen, hier konnte ich nur staunen, 








Auch über die Wegführung, die mich gleich am Morgen erst einmal auf Touren und damit wieder "auf die Höhe" brachte.





Nach etwa einem Kilometer erreichte ich das Marmorwerk [Vereinigte Marmorwerke Kaldorf GmbH]. In den Steinbrüchen werden aus dem vor 150 Millionen Jahren abgelagerten, feinkörnigen Kalkstein "Jura-Marmorblöcke" gewonnen und aus ihnen nach Kundenwünschen Fliesen, Treppen, Fassadenbekleidungen, Mauern usw. gefertigt und in alle Welt verschickt und sogar auch verbaut.




Wäre da nicht unten links im Bild der LKW, hätte man meinen können, einen römischen Steinbruch vor sich zu haben.




und der Wandergeselle musste mitten durch den Baustellenverkehr, auf einer extrem schmierigen Straße.






























Gut 1,5 km führte mich der Weg quer durch das Werksgelände, ehe ich wieder nördlich von Petersbuch auf die Landstraße kam. Ab hier ging ich, dem direkten Limesverlauf folgend, 2,5 km schnurgeradeaus. Neben meinem Wanderweg konnte ich oft noch Reste der Limesmauer sehen.

Das "gelbe Band" ist der "Weg" -  am Feldrain, rechts unter Bäumen und Büschen die Steine der raetischen Mauer.
Manchen Hasen und einige Rehe wurden von mir überrascht und rannten aus dem scheinbar sicheren Versteck (Hecke) hinaus ins offene Feld, um dann doch rasch wieder umzukehren.







Und dann kam ich an die berühmte "Limesecke", wo der bisherige Limesverlauf nach Nord-West "abknickt". Eine dichte und hohe Hecke vermittelt dem Betrachter sehr gut diesen abgewinkelten Abschnitt des Grenzverlaufs.












In einem großen Bogen wurde von den Römern das fruchtbare Nördlinger Ries "umwallt". Das Ries entstand vor etwa 14,6 Millionen Jahre durch einen Meteoriteneinschlag.

Heute stehen an der ehemaligen Stelle eines römischen Wachturms andere "Türme".













Sumpfig, morastig wurde nicht nur der Weg, sondern auch das gesamte Gelände.

Hier aber hatten die Römer ein Kleinkastell gebaut, zu dessen Reste ich jedoch wollte.






Tatsächlich, ich fand es (dank GPS), etwas abseits
vom Weg gelegen.
Neben seinen spärlichen Resten kann man heute hier außerdem zwei tiefe Dolinen, Karsttrichter, sehen; also ist Vorsicht angesagt, wenn man  - so wie ich - einfach nach der Suche des Kastellstandortes durch den Wald streift und dabei den ausgeschilderten Weg verlässt.

Als ich so an der Umzäunung des Kastells stehe, kommt ein Traktor nebst Fahrer langsam einen anderen Weg auf das Kastell zugefahren. Im sich zwangsläufig entwickelnden Gespräch entpuppt sich dieser Herr als "der Kastellbesitzer" und bot mir an, für 37,50 € /qm das Areal zu kaufen. Er war früher Busfahrer und hatte u.a. auch jede Menge "g´scheite Leit, historisch Bewanderte halt" nicht nur hier her gebracht. Deshalb kennt er sich in der römischen (Bau-)Geschichte bestens aus; folglich bekam ich ungefragt einen langen Vortrag über ....

Die großen Fichten wurden vom ihm im Kastellbereich gefällt, dafür jedoch rund um das ehemalige Kastell Ahorn angepflanzt. Die "Fähnchen" dienen als Bisschutz gegen die Rehe.






Viel später als geplant wanderte ich dann im "Paradies", wie der Waldbezirk hier bezeichnet wird, doch die Wegbeschaffenheit war alles andere als paradiesisch. Dafür lief ich wieder mehr oder weniger direkt neben bzw. auf dem Limes weiter.







Es dauerte nicht lange bis ich auf die ehemalige Turmstelle 14-55 traf. Hier sind die sichtbaren Grundmauern und der Fortführung der Raetischen Mauer rekonstruiert. Dafür ist der originale Schuttwall der Limesmauer in weiten Bereichen sehr gut zu erkennen.
die Turmstelle 14-55












Die Turmreste von 14-54 sind zugedeckt von Fichtenreisig; Holzrücker waren hier am Werk!
Auch von der Turmstelle 14-53 sind nur noch spärliche Reste sichtbar, dafür traf ich mitten im Wald dieses Kreuz an.




Erst von der ehemaligen Turmstelle 14-50 gibt es wieder erkennbare Spuren; diese jedoch zeugen von einem Standort eines Holzturms, den am besten erhaltenen Befund aller Holzturmstellen an der raetischen Limesstrecke. Er hatte einen sehr einheitlich, ca. 1,20 m tiefen Traufgraben um die in der Mitte erhabene Plattform, auf dem der Holzturm (5x5m) stand. Die Höhendifferenz zwischen der mittigen Erhebung betrugt bis zur Grabensohle zur Zeit der Erkundung noch 1,60m.







Etwa 200 m weiter stieß ich auf die römische "Grenzbefestigung" Raitenbuch; im hohen Unkraut des Waldes sind von ihr jedoch nur noch wenige flache, überwachsene Schuttdämme der Umwallung zu sehen.


Weiter schnurgerade konnte ich - allerdings auf betoniertem Wirtschaftsweg - dem Limesverlauf folgen und kam so an die Turmstelle 14-48. An dem originalen Standort wurden die Grundmauern des 4,70 x 4,70 m große Steinturms 1971/72 im Grundriss etwa 1 m hoch rekonstruiert.


Etwa 100 m südöstlich von der eigentlichen Turmstelle steht ein Holzturm-Nachbau.
Doch hier stimmt  - wie bei so manchen Nachbauten - vieles nicht mit der Historie überein.
Die Umwallung war früher rund, nicht quadratisch, und auf dem Turmhügel befand sich ein hohes, mit Bruchstein gefüllten Grundfundament. Erst darauf wurde der hölzerne Turm errichtet - und: der Turm heute war etwa nicht aufgegeben bzw. verlassen, sondern einfach abgeschlossen.
















Unter der Rubrik "Kunst am Limes" sind sicherlich diese KUNSTWERKE einzuordnen.






Für heute verließ ich die ehemalige Limesführung. Nach gut einem Kilometer weiter sah ich in einem gepflügten Feld zwei Areale mit kleineren Steinen. Später erfuhr ich, dass auch hier einmal ein Standort eines römischen Kleinkastells gewesen sein soll.


Nach weiteren 500m auf der ehemaligen römischen Straße gehend gelangte ich zum Burgus Burgsalach.

Das Areal liegt heute umzäunt in einer kleinen Lichtung in dem ihn umgebenden lichten Hochwald und ist direkt nicht zugänglich. Allerdings kann man von einem als Aussichtspunkt gestalteten Abraumhügel aus so die konservierten Grundmauern gut erkennen. Viele Erklärungen und Deutungen in Schrift und Bild direkt vor Ort sind sehr detaillreich.
Früher vermutete man hier ein besonderes Kleinkastell, da seine Ecken nicht abgerundet waren und es auch nur ein Tor besaß. Heute ist man der Meinung, es könnte sich um eines der "Mansiones" gehandelt haben.

1861 ließ der bayerische König Maximilian II. Joseph in des Nähe dieses Centenariums einen heute noch erhaltenen Gedenkstein ("Maxlstein") bei den Ruinen aufstellen, die den Ort fälschlicherweise als Colonia (= Siedlung) bezeichnet.









Anschließend ging ich nach Oberhochstadt, ließ aber den Standort des ehemaligen Kastells Oberhochstadt aus, von dem heute auch nichts mehr zu sehen sein soll.

Da zwischenzeitlich starker Wind aufkam und er so manche dunkle Wolke vor sich her schob, beschloss ich, heute nicht weiter der Limeslinie zu folgen, zumal es nur noch die rekonstruierte Nordmauer des ehemaligen Kastellstandortes Sablonetum zu sehen gewesen wäre. Natürlich auch noch die Stadt Ellingen. Ich hingegen wollte mir nicht nur die ehemaligen Hinterlassenschaften der Römer und die Stadt heute ansehen, sondern hatte in Weißenburg eine Übernachtungsmöglichkeit für eine Nacht ausfindig gemacht. Da ich aber sowieso wegen der dort anzutreffenden Kulturgeschichte einen Tag Wanderpause einlegen wollte, benötigte ich noch eine weitere Übernachtungsmöglichkeit.
Leider musste ich erfahren, dass an diesem Wochenende die Brauerei Guttmann ihr Jahrestreffen veranstaltet und somit fast alle Betten in der Stadt während des Wochenendes belegt hatte.
Den Rest des Nachmittages war ich also auf Zimmersuche - und wurde zum Glück in letzter Minute noch fündig.

Nach einem langen und für mich sehr erlebnisreichen Tag konnte ich mit müden Füßen in Weißenburg - für eine Nacht - einchecken, gönnte meinem Körper jedoch nur eine kurze Erholungspause, denn ich wollte mich noch einer der Fränkischen Spezialitäten, dem Schäufele, zuwenden. gemäß dem römischen Spruch [von Seneca]:

Bene est homini, si palato bene est!
Dem Menschen ist wohl, wenn seinem Gaumen wohl ist!                                                    .


Mein Wanderweg von Titting nach Weißenburg  -  24 Tageskilometer






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